Wie viel Alkohol verträgt das Herz?

Zur mediterranen Ernährung gehört das Gläschen Wein. Denn es soll dem Herzen guttun. Dies stimmt, wie man heute weiss, nur bedingt. Auf den Herzrhythmus und das Risiko einer Hirnblutung hat der Alkohol eher eine negative Auswirkung.

Aktualisiert am 29. Januar 2024
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Lange hat die Herzmedizin das eine Gläschen Rot­wein zum Essen gutgeheissen. Dies im Rahmen der mediterranen Ernährung, die zum herzgesunden Lebensstil gehört. «Alkohol an und für sich hat eine gefässerweiternde Wirkung, was sich bei moderatem Konsum positiv auf die Herzgesundheit auswirken kann», sagt der Herzmediziner Prof. Hugo Saner. Ausser­dem beinhaltet der Rotwein Phenole, also sekundäre Pflanzenstoffe aus der Traube. Phenole hemmen das Bakterienwachstum und schützen die Blutgefässe vor einer Schädigung durch oxidativen Stress, ein Effekt, der sich in der Prävention als französisches Paradox bemerkbar gemacht hat: Weil unsere westlichen Nachbar*innen zum Essen gern roten Wein trinken, haben sie trotz ihrer nicht allzu gesunden Ernährung eine tiefere Herzinfarktrate als zum Beispiel in der Schweiz. Beobachtet wurde zudem, dass der Alkohol die Blutfette und Gerinnungsfaktoren günstig verändert. Zahlreiche Studien und Metastudien kommen zum Schluss, dass der moderate Konsum das Herzinfarktrisi­ko um bis zu 25 Prozent senken kann.

Doch nicht so gesund
Dass der Alkohol aber nicht durchgehend positiv fürs Herz ist, weiss man schon seit längerem. Übermässiger Alkoholkonsum steigert den Blutdruck und erhöht den Herzschlag. Bekannt ist das «Holiday-­Heart-­Syndrom»: Nach intensiven Partywochenenden oder Ferien, in denen sehr viel Alkohol und eventuell noch andere Sub­stanzen konsumiert werden, kann es auch bei jüngeren Menschen zu einem beängstigenden Herzstolpern kom­men. «Wir haben immer wieder Patientinnen und Pati­enten in der Sprechstunde, die über die Schnur gehauen haben und ein Vorhofflimmern entwickeln», sagt der Herzrhythmusspezialist Prof. Michael Kühne vom Universitätsspital Basel. Dass Alkohol eine Episode auslösen kann, ist für ihn klar. Allerdings verschwindet das Vorhofflimmern (siehe unten) dann oft wieder für Jahre. Diese eine Episode ist möglicherweise ein Vor­bote auf eine zukünftige Rhythmusstörung.

Übermässiger Alkoholkonsum hat zwei Effekte auf den Herzrhythmus. Einerseits einen direkten: Er führt zu Entzündungsreaktionen in den Zellen, die dann eine Rhythmusstörung auslösen können. Andererseits einen indirekten: Der übermässige Konsum steigert nicht nur den Blutdruck, sondern stört auch den Schlaf, indem er zu Schnarchen und Atemaussetzern führt. Bluthoch­druck und Schlafapnoe, so nennt man die nächtlichen Atemaussetzer, erhöhen das Risiko des Vorhofflim­merns. «Patienten, die viel Alkohol konsumieren, kön­nen das Vorhofflimmern deutlich reduzieren, indem sie weniger trinken», sagt Michael Kühne. Bei solchen jedoch, die massvoll damit umgehen, ist der Einfluss auf das Vorhofflimmern gering.

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Das richtige Mass finden
Auf den Hirnschlag übrigens hat der Alkohol ebenfalls eine zwiespältige Wirkung. Der geringe Alkoholkonsum von Rotwein senkt das Risiko eines ischämischen, also des von einem Gerinnsel verursachten, Hirnschlags. Trinkt jemand jedoch übermässig, schadet dies mehr, als es nützt. Dann steigt sowohl das Risiko eines ischä­mischen Hirnschlags wie auch einer Hirnblutung. Dies kann unter anderem durch den erhöhten Blutdruck und die Störung der Blutgerinnung erklärt werden.

Was ist nun das richtige Mass? Eine genaue Zahl liefern die Studien nicht, zu unterschiedlich sind die Ergebnisse. Nicht vergessen sollte man zudem, dass der Alkohol auch eine negative Auswirkung auf andere Krankheiten wie Diabetes oder Krebs haben kann. Unter dem Strich überwiegt der Schaden wohl den Nutzen. Wer also keinen Alkohol trinkt, macht bestimmt nichts falsch. Wer auf sein gelegentliches Glas nicht verzichten möchte, erhält folgende Orientierungshilfe: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt gesunden erwachsenen Männern, täglich nicht mehr als zwei Standardgläser Wein (total ca. 2 dl) oder Bier (total ca. 6 dl) zu konsumieren. Frauen nur ein Standardglas, also die Hälfte. Dazwischen sollten wöchentlich alkoholfreie Tage eingeschaltet werden. Mit zunehmendem Alter ist Zurückhaltung angesagt. Dies gilt ebenfalls, wenn Medikamente eingenommen werden. In diesem emp­fohlenen Rahmen gilt der Alkoholkonsum als risikoarm. Sollte aus medizinischen Gründen nichts dagegen­sprechen, dürfen Sie also ohne Reue auf einen guten Tropfen anstossen!

Vorhofflimmern – Was Sie wissen müssen

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Etwa 100'000 Menschen in der Schweiz sind betroffen, von den über 75­-Jährigen rund 10 Prozent. Meist tritt die Rhythmusstörung als Folge des Alters, bei Bluthoch­druck und im Zusammenhang mit Herzkrankheiten auf.

Was ist Vorhofflimmern?
Vorhofflimmern wird durch eine Art «elektrisches Gewitter» im Reizleitungssystem des Herzens verursacht. Die Vorhöfe und Herz­kammern pumpen nicht mehr aufeinander abgestimmt und meist zu schnell.

Wie bemerkt man es?
Häufige Symptome sind: rasches Herzklopfen oder Herzrasen, das anfallsartig auftreten oder länger anhalten kann, sowie unregel­mässiger Puls. Neben anderen Symptomen kann das Vorhofflim­mern aber auch unbemerkt blei­ben und bei einer Untersuchung zufällig entdeckt werden.

Ist Vorhofflimmern gefährlich?
Das Auftreten von Vorhofflim­mern stellt in der Regel keine akute Notfallsituation dar. Aller­dings erhöht sich das Risiko eines Hirnschlags. Durch die unregel­mässige Pumpbewegung kann sich ein Gerinnsel bilden, das in den Körper und ins Gehirn ge­schwemmt wird. Daher erhalten die meisten Betroffenen eine vor­beugende Behandlung mit einem Gerinnungshemmer.

Gibt es weitere Behandlungen?
Neben der Behandlung mit Gerin­nungshemmern muss oft auch die Herzfrequenz behandelt werden. Medikamente können diese regu­lieren. Reicht dies nicht aus, be­steht die Möglichkeit einer Kathe­terbehandlung, bei der die Stellen im Herzen, welche die Rhythmus­störungen auslösen oder übertra­gen, verödet werden.

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