Das Leben mit einem schwachen Herzen

Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, ist eine schwere chronische Erkrankung des Herzens. Der ganze Körper, das ganze Leben wird in Mitleidenschaft gezogen. Wer jedoch seine Krankheit verstehen lernt, aufmerksam ist und seine Werte regelmässig kontrolliert, kann Spitalaufenthalte verhindern und die Lebensqualität verbessern.

Aktualisiert am 29. Januar 2024
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Das Herz, unser Motor, pumpt normalerweise täglich rund 8’000 Liter Blut in unseren Körper. Bei manchen Menschen jedoch lässt die Kraft des Herzens nach. Das Herz wird irgendwann zu schwach, um genügend Blut in den Körper auszustossen und die Organe und Gewebe mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Eine Zeit lang gelingt es dem Körper, diese Schwäche auszugleichen, deshalb merken Betroffene zunächst nichts. Aber dieser Zustand ist nicht von Dauer und mit der Zeit machen sich erste Beschwerden der Pumpschwäche bemerkbar.

Müdigkeit und Atemnot
Die Beschwerden äussern sich bei jedem Betroffenen anders. Typische Hinweise sind eine rasche Ermüdung und Atemnot, die anfänglich bei körperlicher Anstrengung eintritt, später auch schon in Ruhe oder auch nachts in liegender Position. «Betroffene fühlen sich oft sehr erschöpft», sagt PD Dr. med. Philippe Meyer, Kardiologe am Universitätsspital Genf. Schon ein kleiner Weg zu Fuss oder das Treppensteigen bereiten grosse Schwierigkeiten. Weitere Symptome sind: Wasser, das sich in den Beinen, Füssen, an Knöcheln ansammelt und Dellen hinterlässt, wenn man mit dem Finger draufdrückt. Wasseransammlungen können auch im Bauchraum auftreten und einem den Appetit nehmen. Noch immer glauben viele Menschen, dass ein schwaches Herz zum Älterwerden gehört, und sie sprechen deswegen nicht mit dem Arzt, der Ärztin darüber. Ein Fehler: Denn eine Herzschwäche oder Herzinsuffizienz, so der Fachbegriff, verläuft zwar meist chronisch, ohne Therapie jedoch verschlechtert sie sich rasch und beeinträchtigt die Gesundheit aller Organe.

Früh gründlich abklären
«Die Herzinsuffizienz ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom», erklärt Philippe Meyer. Das heisst: verschiedene Herzkrankheiten können zu einer Schwächung der Pumpleistung führen. Häufigste Ursache ist eine koronare Herzkrankheit, also eine Arteriosklerose in den Herzkranzgefässen oder ein bereits erlittener Herzinfarkt. Ein weiterer Grund kann ein jahrelanger Bluthochdruck sein. Aber auch andere Krankheiten, wie eine Herzmuskelerkrankung oder ein Herzklappenfehler, können zu einer Herzinsuffizienz führen. «Wichtig ist, dass der Arzt, die Ärztin die Ursachen möglichst früh und genau abklärt», sagt Philippe Meyer, «nur so ist eine wirksame Behandlung möglich.» In gewissen Fällen kann die Behandlung eine Herzschwäche rückgängig machen. Leider sei dies nur bei wenigen Patient*innen der Fall, betont der Kardiologe, meist schreitet die Herzinsuffizienz weiter voran. In diesem Fall braucht es eine komplexe medikamentöse Behandlung, welche die Herztätigkeit unterstützt. Deren Dosierung muss über mehrere Wochen Schritt für Schritt eingestellt werden. In einem fortgeschrittenen Stadium können Herzschrittmacher helfen, das Herz zu resynchronisieren und so die Pumpleistung zu erhöhen. Eine Herztransplantation oder eine Herzpumpe ist nur für wenige schwer betroffene Patient*innen eine Option.

Herzinsuffizienz verstehen
Doch auch Betroffene können selbst viel dazu beitragen, dass ihre Lebensqualität möglichst lange erhalten bleibt und die Krankheit langsamer fortschreitet. «Wichtig ist zunächst, dass der Patient, die Patientin versteht, was eine Herzinsuffizienz für den Körper bedeutet», sagt Matthias Hausdorf, Pflegefachexperte der Herzinsuffizienzberatung am Universitätsspital Zürich. Nur so kann er oder sie die Zusammenhänge zwischen den Beschwerden und der Krankheit herstellen und an der Behandlung erfolgreich mitwirken. Hausdorf erklärt das an zwei Beispielen: «Bei Atemnot denkt ein Teil der Patient*innen an eine Lungenkrankheit, dabei liegt das Problem beim Herzen. Aufgrund der Herzschwäche staut sich das Blut vor dem Herzen und es tritt Flüssigkeit in die Lungen, was das Atmen erschwert.» Ein weiteres Beispiel ist eine rasche Gewichtszunahme: «Wenn ein Patient innert weniger Tage mehr als zwei Kilo zunimmt, hat er nicht zu viel gegessen, sondern es hat sich Wasser im Körper eingelagert.» Die Beschwerden verstehen und mit der Herzschwäche in Zusammenhang zu bringen ist der erste Schritt. Darauf aufbauend erfolgt die Förderung des Selbstmanagements, bei dem Patientinnen und Patienten lernen, wie sie ihren Alltag bestmöglich gestalten und die Lebensgewohnheiten anpassen können.

Selbstmanagement verbessern
In der Beratung kommt das Herzinsuffizienz-Patientenkit der Schweizerischen Herzstiftung zum Einsatz. Es unterstützt die Patient*innen in ihrem Alltag mit der Erkrankung. Ein Herztagebuch z.B. hilft, die für die Therapie wichtigen Eckpunkte täglich zu notieren. Dazu zählen: Das genau gewogene Körpergewicht, das Messen von Blutdruck und Puls. Zur Therapie gehören neben der Einnahme der Medikamente auch ein reduzierter Salzkonsum, eine beschränkte Flüssigkeitszufuhr, ausreichend und angepasste Bewegung, z.B. in einer Herzgruppe, zurückhaltender Alkoholkonsum und der Verzicht aufs Rauchen. Dies alles soll dazu beitragen, dass der Zustand möglichst lange stabil bleibt. «Das Leben mit einer Herzinsuffizienz verlangt Disziplin und Selbstmanagement», sagt Matthias Hausdorf. Nicht alle Patient*innen kommen damit gleichermassen zurecht und dafür gibt es verschiedene Gründe. Einen davon teilen wir alle, weil wir Menschen sind: Wenn es uns wieder besser geht, lockern wir schon mal die strikten Regeln, kontrollieren etwas nachlässiger oder haben sogar das Gefühl, dass wir Medikamente eigenständig reduzieren oder gar weglassen können. Dies ist bei einer Herzinsuffizienz jedoch gefährlich und führt dazu, dass sich der Zustand schnell verschlimmert, so Hausdorf.

Spitalaufenthalte verhindern
Eine bis anhin stabile Herzinsuffizienz kann sich also plötzlich verschlechtern. Man spricht von einer Dekompensation. Meist ist dann ein notfallmässiger, mehrtägiger Spitalaufenthalt nötig, bei dem sich der Körper wieder stabilisiert und erholt. In vielen Fällen hingegen wäre eine Spitaleinweisung vermeidbar, wenn der Patient, die Patientin einerseits die Therapie versteht und einhält und andererseits die Warnzeichen frühzeitig erkennt. Zu den Warnzeichen gehören: Rasche Zu- oder Abnahme des Körpergewichts, Schwindelanfälle und Ohnmacht, mehr Mühe beim Atmen, nächtliches Husten, stark angeschwollene Beine oder angeschwollener Bauch. Treten diese Symptome auf, müssen Betroffene rasch den Hausarzt oder Kardiologen kontaktieren. «Herzinsuffizienz ist bei älteren Menschen der häufigste Grund für eine Spitaleinweisung», sagt der Genfer Kardiologe Meyer, «jede verhinderte Spitaleinweisung spart nicht nur Kosten, sondern verbessert auch die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen.»

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