Rauchstopp: So gelingt der nächste Versuch

Nikotin ist eine spezielle Droge und viele kommen nur schwer von ihr los. Welche Möglichkeiten zum Ausstieg sich bieten, erklärt die Rauchstopp-Expertin des Universitätsspitals Zürich.

Aktualisiert am 29. Januar 2024
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Der Rat, mit dem Rauchen aufzuhören, fällt rasch einmal. Viele versuchen es, scheitern dann aber. Dies sei keine Schande, meint Prof. Isabella Sudano, Leiterin der Rauchstopp-Beratung des Universitätsspitals Zürich. Weshalb man auch vom Rückfall profitiert und wie man beim nächsten Versuch die Erfolgschancen verbessert, erklärt sie im Interview.

Die Gefahren des Rauchens kennen wir. Weshalb fällt das Aufhören trotzdem schwer?
Prof. Isabella Sudano: Dafür gibt es zwei Hauptgründe, das Nikotin und die Gewohnheit. Nikotin ist eine ganz spezielle Droge, sie wirkt beruhigend und aufregend zugleich. Das gefällt uns natürlich sehr. Zusätzlich wird es zur Gewohnheit, mit einer Zigarette zusammen zu sein. Man gönnt sich eine Pause, tut sich etwas vermeintlich Gutes und raucht eine Zigarette.

Es ist also beruhigend, eine Zigarette zur Hand zu haben.

Ja. Am Anfang beruhigt sie auch wirklich, man kann sich damit entspannen. Doch schon bald wird dies zu einer Lüge: Mit der Zeit beruhigen Sie nur Ihre Entzugssymptome. Sie greifen zur Zigarette, weil sie Ihnen fehlt.

Wann wird man davon abhängig?

Dummerweise sehr schnell. Das ist von Person zu Person verschieden, denn wir sind unterschiedlich mit Rezeptoren im Gehirn ausgestattet. Doch in der Regel reichen zwei bis drei Zigaretten.

Gibt es Ausnahmen?
Ganz wenige sind resistent gegenüber der Nikotinsucht. Das ist wahrscheinlich genetisch bedingt. Dann gibt es auch solche, die drei bis vier Päckli pro Tag rauchen müssen. Die meisten haben nach 20 Zigaretten genug – daher ist es wohl kein Zufall, dass so viele in einem Päckli stecken.

Nehme ich nicht weniger Nikotin und Schadstoffe zu mir, wenn ich sogenannt leichte Zigaretten rauche?

Nein. Sie nehmen immer so viel Nikotin zu sich, wie sie gerade brauchen. Wenn Sie mehr brauchen, zum Beispiel bei der ersten Zigarette am Morgen oder wenn Sie auf eine leichtere umsteigen, saugen sie einfach stärker. Die Zigarette ist dann in zwei, drei Zügen geraucht. Und dadurch nehmen Sie auch mehr Schadstoffe auf. Was auf der Packung steht ist irrelevant, das hat eine Maschine ermittelt, die immer gleich daran zieht.

Ohne fremde Hilfe schafft man es kaum, von der Zigarette loszukommen. Ist das nicht frustrierend?
Tatsächlich, nur drei bis fünf Prozent der Raucherinnen und Raucher gelingt jeweils der Ausstieg ohne fremde Hilfe. Die meisten müssen mehrere Anläufe nehmen, bis es klappt. Aber das ist kein Misserfolg! Sie lernen bei jedem Rauchstopp etwas. Zum Beispiel, wie gut es sich anfühlt, nicht zu rauchen.

Wie verbessert man seine Chancen?
Mit Motivation! Viele kommen zu mir, weil ihnen der Arzt zum Aufhören geraten hat, und sagen: «Geben Sie mir ein Medikament, dann schaffe ich das schon!» Gleichzeitig denken sie: «Eigentlich will ich gar nicht aufhören.» Dass das funktionieren soll, ist natürlich eine Illusion.

Aber Hilfsmittel können bei der Entwöhnung unterstützen.
Das wichtigste ist die Beratung und Begleitung. Zusätzlich können wir etwas geben, um die Entzugssymptome zu mindern. Dazu zählen der Nikotinersatz, also Kaugummi, Pflaster, Sprays etc. und Medikamente.

Wie wirken die Medikamente?
Für den Rauchstopp haben wir zwei Medikamente, Zyban und Champix. Beide wirken im Gehirn. Zyban, eigentlich ein Antidepressivum, blockiert den Belohnungseffekt der Zigarette, sie schmeckt Ihnen einfach nicht mehr. Champix imitiert sozusagen die Funktionsweise des Nikotins, ohne die positiv empfundenen Effekte auszulösen. Dadurch entstehen im Gehirn weniger Entzugssymptome und weniger Verlangen nach einer Zigarette.

Eignen sich elektrische Zigaretten für den Rauchstopp?
Möglicherweise, aber ich bin noch vorsichtig. Einerseits wissen wir nicht, wie viele Menschen durch die E-Zigarette wirklich mit dem Rauchen aufhören und die E-Zigarette nach dem Rauchstopp absetzten. Gemäss Studien brauchen die meisten Personen die E-Zigarette allein oder in Kombination mit der herkömmlichen Zigarette weiter. Zudem zeigen aktuellen Studien, dass E-Zigaretten nicht harmlos sind. Der gleichzeitige Konsum von E- und Tabak-Zigaretten ist sogar gefährlicher als Tabak-Zigaretten allein.

Vor allem Frauen haben Angst, nach dem Rauchstopp an Gewicht zuzunehmen. Ist das berechtigt?
Nicht nur Frauen, auch Männer! Und es stimmt, man kann zunehmen. Denn Nikotin ist ein Appetithemmer. Zusätzlich beschleunigt es etwas den Stoffwechsel, pro Pack verbrennt man etwa 200 Kalorien mehr. Wenn Sie mit dem Rauchen aufhören, haben Sie also mehr Hunger, verbrauchen weniger Kalorien und es fehlt Ihnen etwas im Mund. Klar greifen Sie dann zu etwas – und es sind meistens keine Gemüsestängeli! Die Gewichtszunahme ist aber kein Schicksal. Sie halten Ihr Gewicht, wenn Sie sich mehr bewegen und ausgewogen ernähren. In der Beratung helfen wir auch diesbezüglich.

Was kostet die Rauchstopp-Behandlung?
Die ärztliche Beratung übernimmt die Krankenkasse. Den Nikotinersatz müssen Sie selbst bezahlen, das kostet Sie etwa so viel wie ein Päckli Zigaretten pro Tag. Bei einer starken Abhängigkeit oder tabakbedingten Erkrankungen übernimmt die Krankenkasse die Kosten von Champix und Zyban.

Warum lohnt es sich trotz aller Mühe mit dem Rauchen aufzuhören?
Es geht um die Lebensqualität! Als Raucherin oder Raucher stirbt man nicht nur früher, man leidet zusätzlich öfter an schweren, zum Teil chronischen Krankheiten, die einem über Jahre hinweg die Lebensqualität rauben. Ich nenne nur ein paar: Herzinfarkt, Hirnschlag, arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), die Lungenkrankheit COPD und Lungenkrebs. Aber auch kurzfristig geht es einem nach dem Stopp besser: Man fühlt sich fitter, schläft besser, Geruchs- und Geschmacksempfinden kommen zurück. Ein Rückfall ist keine Tragödie, lernen Sie daraus, stehen Sie auf und gehen Sie weiter!

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