«Ich wollte so nicht mehr weiterleben»

Marina Schmuki hatte ein vielversprechendes Leben vor sich. Mit 24 erlitt sie dann einen Hirnschlag. Dass ihr Herz daran mitschuldig war, machte es noch schwieriger. Nach drei Jahren und vielen Eingriffen geht es langsam wieder aufwärts.

Aktualisiert am 29. Januar 2024
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Die Narbe über ihrer linken Brust zeigt sie ohne Scham. «Es ist mir mittlerweile egal, wenn man sie sieht», sagt Marina Schmuki. Darunter befindet sich ein Herzschrittmacher. Er ermöglicht, dass sie sich wieder normal bewegen, wieder normal funktionieren kann. Nichts anderes ersehnt man sich in einem jungen Leben.

Wie es dazu gekommen ist, ist eine lange Geschichte. Eigentlich zu lang für ihr Alter. Ausführlich erzählt die 27-Jährige von ihrem früheren Leben, von den Träumen, Sehnsüchten und der Karriere, die sie vor sich sah. Ehrgeizig sei sie schon immer gewesen, fügt sie hinzu. Sie wollte das bescheidene bäuerliche Umfeld, in dem sie aufgewachsen war, hinter sich lassen, ihr eigenes Geld verdienen und auf eigenen Füssen stehen. Dies bedeutete für sie Freiheit. Nach einem Job im Aussendienst stieg sie in ein Software-Start-up ein. Die Arbeit machte Spass und war ihr wichtig. Es ging rasant aufwärts mit ihrer Karriere, bis plötzlich nichts mehr ging.

Vor genau drei Jahren bei einem Lunch mit Arbeitskollegen wurde ihr schlecht. Ihr Sitznachbar bestellte für sie eine Cola und fragte beunruhigt: «Was ist los mit dir? Wir verstehen dich kaum noch!» Marina Schmuki reagierte gereizt, bis sie merkte, dass ihre rechte Wange sich wie geschwollen anfühlte, wattig, und herunterhing. Ein weiterer Kollege sagte, wir fahren dich ins Spital. Sie stand auf und sackte rechts zusammen. Im Auto wollte sie einem Freund noch eine SMS tippen, was ihr nicht gelang. «Ich funktionierte plötzlich nicht mehr», erinnert sie sich, «und als ich das merkte, machte es mir Angst.»

«Ich dachte oft, schaffe ich das, kommt es wieder gut?»


Im Stadtspital Zürich Waid begann die Reise mit unzähligen Eingriffen, etwas, was man niemandem wünscht. Gleich nach den ersten Untersuchungen wollte Marina wieder zur Arbeit und zu ihrem Hund. Die Ärztin schüttelte den Kopf und sagte, nein, sie werde jetzt mit der Ambulanz in die Stroke Unit eines anderen Spitals verlegt, sie habe einen Hirnschlag. Nach weiteren Untersuchungen erhielt sie eine Hirnschlagbehandlung. Marina Schmuki fühlte sich abgekämpft, erschöpft. In der Rehaklinik musste sie ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit wiedererlernen. Ihr gutes Englisch war verloren gegangen, sie hatte bei Kundengesprächen Blockaden, traute sich immer weniger zu. «Ich dachte oft, schaffe ich das, kommt es wieder gut?» sagt sie rückblickend.

Hinzu kam die grosse Angst, dass sich ein weiterer Hirnschlag ereignen könnte. An dieser Stelle kam das Herz ins Spiel. Denn die wahrscheinliche Ursache für den Hirnschlag, so fand man heraus, war ein persistierendes Foramen Ovale (PFO). Umgangssprachlich nennt man es auch ein Löchlein im Herzen. Die Wand zwischen den beiden Herzvorhöfen, die bei allen Menschen bei Geburt noch eine Öffnung hat, hat sich bei Marina Schmuki nicht wie vorgesehen mit der Geburt verschlossen. Die Öffnung war sogar recht gross. Dadurch konnten Gerinnsel vom rechten in den linken Vorhof gelangen und von dort ins Gehirn gespült werden. Gerade bei jüngeren Menschen ist dies eine häufige Ursache für einen Hirnschlag. In einem solchen Fall braucht es einen Verschluss.

Man versuchte es wie heute üblich mit einem Schirmchen, das per Katheter eingesetzt wird. In den meisten Fällen ist dies ein einfacher, sicherer Eingriff, der keiner weiteren Behandlung bedarf. Nicht so bei Marina Schmuki: Ein zweites Schirmchen war nötig. Als die Wand noch immer nicht dicht war, nähte der Herzchirurg einen Gewebelappen ein. Danach kam der Tiefpunkt in ihrer Leidensgeschichte. «Ich wollte so nicht mehr weiterleben», sagt Marina Schmuki. Nach der aufwendigen OP funktionierte das elektrische Reizleitungssystem nicht mehr richtig. Das Herz schlug viel zu langsam. Auch bei Anstrengung blieb der Puls gleich tief, keine 10 Minuten am Stück konnte sie gehen. Das Herz erholte sich nicht. Erst der später implantierte Herzschrittmacher brachte die grosse Befreiung. Die Behinderung, die tägliche Blutverdünnung, die Angst fielen weg. Vom ersten Moment an spürte sie das Leben wieder.

«Ich habe früh erfahren müssen, dass es wichtigere Dinge gibt als Geld, Prestige und Karriere», sagt Marina Schmuki. Drei Jahre lang Eingriffe, Reha, ein IV-Programm zur beruflichen Wiedereingliederung, psychologische Unterstützung – für Marina Schmuki war es eine harte Zeit. Sie musste immer wieder einen Gang zurückschalten, Zweifel ertragen, mit Unsicherheiten umgehen. Dass es jetzt wieder bergauf geht, verdankt sie auch ihren Freunden. Sie konnte auf ihre Unterstützung zählen. Seit Anfang Jahr arbeitet sie Vollzeit. Und sie schmiedet gemeinsame Zukunftspläne mit dem einen Freund, ohne den sie es wohl nicht geschafft hätte, der ihr immer wieder Mut machte. Marina Schmuki schaut auf und strahlt. Mehr dürfen wir hier nicht verraten.

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Was ist ein PFO?

Das Foramen Ovale ist eine Öffnung zwischen dem linken und rechten Herzvorhof. Bei Kindern im Mutterleib stellt es die Zirkulation mit sauerstoffreichem Blut sicher, da die Lungen noch nicht durchblutet sind. Nach der Geburt sollte es sich verschliessen. Bei knapp 20 Prozent der Menschen jedoch bleibt eine kleine Öffnung. Dies stellt in den meisten Fällen kein Problem dar. Es gibt jedoch Situationen – beispielsweise nach einem Hirnschlag – wo eine Behandlung angesagt ist. Möglichkeiten sind eine blutverdünnende Therapie, der kathetertechnische Verschluss mit einem Doppelschirmchen oder ein chirurgischer Eingriff. Mehr dazu finden Sie in unserer Broschüre «Verschluss des persistierenden Foramen Ovale (PFO)».

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