Ein bislang unbekanntes Gefühl der Bedrohung
Guy Frasseren (74) erzählt, wie er aus seinem gewohnten Leben gerissen wurde und wie er heute damit klarkommt.
Im letzten Oktober ist Guy Frasseren aus allen Wolken gefallen. Nie hätte der 74-Jährige damit gerechnet, dass sein Leben von einem Tag auf den anderen akut bedroht sein könnte. Dabei ist er, wie er betont, kein ängstlicher Typ und geht die Sachen erst einmal nüchtern an.
Dass etwas nicht normal war, war ihm damals zwar klar. Er verspürte mehrmals einen heftigen Schmerz in der Brust, besonders nach ein paar Schritten. Ich gehe erst mal zum Hausarzt, sagte er sich, dann sehen wir weiter. Dieser schickte ihn gleich zum Kardiologen und das MRI zeigte auf, dass das Herz nicht gut durchblutet war.
Guy Frasseren dachte noch immer nichts Böses, denn er fühlte sich sonst gesund, spielte regelmässig Tennis und sah sich nicht als Herzinfarktkandidaten. Doch nach der Koronarangiographie änderte sich dies schnell: Der Herzspezialist zeigte ihm auf dem Bildschirm mehrere Stellen, die ganz eng waren und zu verschliessen drohten. Zu viele für Stentimplantationen. «Zwei Bypässe sind nötig», sagte der Arzt nach der Untersuchung. «Sie bleiben im Spital, wir operieren in den nächsten drei Tagen.»
Sein Leben hing an einem seidenen Faden. Über die Nachricht waren nicht nur er, sondern auch seine Gattin und Kinder entsetzt. Wie wird er die schwere Operation am offenen Herzen überstehen? Die Angst der Familie war am Tag des Eingriffs besonders gross.
Die vierstündige Bypass-Operation verlief gut. So gut, dass er nicht den Eindruck hatte, einen so aufwendigen Eingriff hinter sich zu haben. Für Guy Frasseren war alles dennoch ein Schock. Er befand sich plötzlich in einer bedrohlichen Situation, die er zuvor noch nie erlebt hatte. Die Ärzte versicherten ihm zwar, dass jetzt alles in Ordnung sei, die Schläuche neu, repariert wie bei einem defekten Gerät.
Doch Fragen plagen ihn noch heute. Wieso hat es mich erwischt und nicht jemanden mit grösseren Risikofaktoren? Was bedeutet dies für meine Zukunft? «Ich werde den Gedanken nicht los, dass es wieder passieren könnte», sagt er etwas verunsichert. Im Moment hat er nicht das gleiche leichte Lebensgefühl wie früher. Vor ein paar Wochen ist er in eine Herzgruppe eingetreten. Die Mitglieder haben ihn herzlich aufgenommen. Guy Frasseren hofft, bald wieder etwas Distanz zu gewinnen und mit seinem neuen Leben klarzukommen.