Rauchstopp: Hilft die E-Zigarette?

Eine unabhängige Schweizer Studie will herausfinden, ob sich E-Zigaretten zum Rauchstopp eignen und auch sicher sind.

Aktualisiert am 29. Januar 2024
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Spätestens bei einer Herz-Kreislauf-Krankheit drängt sich der Rauchstopp auf. Oft ist er mühsam und erfolglos, wie Betroffene und Angehörige wissen. Sind rauchfreie Produkte wie die E-Zigaretten ein Ausweg?

Man kann es auch von dieser Seite anschauen: Die Tabakzigarette ist ein enorm raffiniertes Produkt. Einerseits bleibt sie trotz der misera­blen Bilanz für unsere Gesundheit beliebt. In der Schweiz raucht nach wie vor ein Viertel der Bevölke­rung, unter den jungen Menschen zwischen 20 und 24 Jahren klettert der Anteil sogar gegen 40 Prozent. Ande­rerseits lässt einen die Zigarette, wenn man sie mal liebgewonnen hat, so schnell nicht mehr los. Der Rauch­stopp gelingt den wenigsten. Pro Versuch schaffen es nur rund fünf Prozent, mit Beratung sowie mit Nikotin­ersatzprodukten oder geprüften Rauchstoppmedika­menten doppelt so viele. Das Nikotin gehört zu den stark süchtig machenden Substanzen.

Nikotin, ohne daran zu sterben
Was für die Tabakindustrie ein Glückstreffer ist, wird für die Betroffenen und unsere Gesellschaft zu einer grossen Bürde. Die Hälfte der Raucher*innen stirbt we­gen des Tabakkonsums vorzeitig. Lungenkrebs, Herz­Kreislauf-­Krankheiten und COPD sind kostenintensive und tragische Erkrankungen, die zum grossen Teil auf das Konto des Tabakkonsums gehen. Deshalb sind Al­ternativen verlockend. Nikotin ja, aber ohne daran zu sterben, lautet das Motto.

Die Pharmaindustrie hat Pflaster und Kaugummis entwickelt, doch diese gefal­len oder helfen nicht allen. Denn damit gelangt das Ni­kotin nur sehr langsam ins Blut und erreicht dort nicht die gewünschte hohe Konzentration wie bei einer Ziga­rette. Anders ist es bei den E­-Zigaretten. Sie liefern das Nikotin via Lunge direkt ins Gehirn und dies in ausrei­chender Dosis. Sind sie der praktische Weg zu einem rauchfreien Leben?

E­-Zigaretten, die Fachleute nennen sie electronic nicotine delivery systems (ENDS), also elektronische Nikotinlieferantensysteme, funktionieren ohne Tabak. Das Nikotin steckt in einer Flüssigkeit, die verdampft wird, im Gegensatz zur herkömmlichen Zigarette, wo sich das Nikotin durch das Verbrennen der Tabakblätter herauslöst. Dieser gefährliche Verbrennungsprozess, bei dem viele Giftstoffe entstehen, fällt bei der E-Zigarette also weg. Man kann deshalb davon ausgehen, dass das Verdampfen weniger gefährlich ist als das Zigaretten­rauchen, meinen die Forscher*innen einer gross ange­legten Schweizer Studie. «Bevor wir aber raten, auf ein anderes Produkt umzusteigen, müssen wir sicher sein, dass dieses tatsächlich wirksam und sicher ist», sagt Dr. phil. Anna Schöni, Projektmanagerin des Forschungs­projekts. Denn gute Langzeitstudien dazu gibt es noch fast keine.

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Anna Schöni: «Wir wollen sichergehen, dass die kardiovaskuläre Gesundheit unter der E-Zigarette nicht leidet.»

Schäden am Herzen ausschliessen
Die Schweizer Studie, durchgeführt vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bern (BIHAM) unter der Leitung von Prof. Reto Auer, untersucht nun an über tausend ausstiegswilligen Raucher*innen, ob die E-­Zi­garette eine sichere Ausstiegshilfe ist. Dazu werden die Teilnehmenden wie in fast allen medizinischen Inter­ventionsstudien per Zufall in zwei Gruppen eingeteilt. Die einen erhalten die herkömmliche Rauchstoppbe­ratung. Die anderen erhalten neben der Rauchstoppbe­ratung eine E­-Zigarette, an der sie ziehen können. Den Nikotingehalt dürfen die Teilnehmenden selbst fest­legen. Die Studiendauer ist auf 24 Monate angelegt, wodurch nicht nur kurzfristige Effekte beobachtet werden können. Untersucht wird, ob mit der E-­Ziga­rette ein Rauchstopp tatsächlich gelingt und ob sie sicher ist.

Die Schweizerische Herzstiftung unterstützt das Teilprojekt von Anna Schöni. «Wir wollen zusätzlich sichergehen, dass die kardiovaskuläre Gesundheit unter der E-­Zigarette nicht leidet», erklärt sie. Deshalb wird gewissen Personen zusätzlich Blut abgenommen und auf 92 kardiovaskulär relevante Biomarker untersucht. Diese Messungen helfen herauszufinden, ob die Herz­kreislaufgesundheit auch in Zukunft durch die E-­Ziga­rette nicht negativ beeinflusst wird, man will den Teufel ja nicht mit dem Beelzebub austreiben. Und weil man weiss, dass viele von der E-­Zigarette teilweise oder ganz wieder auf die herkömmliche Zigarette umsteigen und dies nicht immer zugeben, werden zusätzlich Urin­proben genommen. So ist man sicher, dass die schäd­lichen Effekte nicht doch vom Tabak stammen.

Nicht alle Studien sind unabhängig
Die Nikotinsucht ist ein grosses Geschäft. Daher ver­suchen Hersteller von nikotinhaltigen Produkten immer wieder, die Forschung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. In diesem Sommer wurde bekannt, dass der E­-Zigaret­ten-­Hersteller Juul, der zu 35 Prozent dem Tabakkonzern Philip Morris gehört, die gesamte Ausgabe einer wissen­schaftlichen Zeitschrift gekauft hatte. Die Zeitschrift publizierte elf von Juul finanzierte und ihren Mitarbeitenden mitverfasste Studien. Dass die­se Studien alle zum Schluss kommen, die E-­Ziga­rette sei ein geeignetes Mittel zur Schadensminderung, verwundert nicht. Auch die Abteilung Substanzkonsum am BIHAM von Prof. Reto Auer erlebt immer wieder Versuche der Einflussnahme. Damit die Forschung glaub­würdig bleibt, muss sie ihre Studien deshalb unabhängig von den Interessen der Hersteller finanzieren können. Die Unterstützung durch die Schweizerische Herzstiftung ist für Anna Schöni ein wichtiger Beitrag dazu.

Die Schweizerische Herzstiftung fördert Forschungsprojekte, um Patientinnen und Patienten in Zukunft besser helfen zu können.
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